Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass höchst unterschiedliche Vorstellungen darüber existieren, wie Kommunalpolitik funktioniert und was Ratsmitglieder eigentlich so machen. Sicherlich kann man das nicht pauschal beantworten, aber ich möchte mal einen kurzen Einblick in meine Arbeit und meine Aufgaben geben. Das kann mit Sicherheit nicht jede Frage beantworten, was ich aber gerne im direkten Gespräch nachhole.
Wer ist eigentlich Kommunalpolitiker?
Viele Menschen engagieren sich politisch. Wenn sie sich für ihre Stadt oder Gemeinde einsetzen und z.B. Mitglied in einem kommunalen Gremium sind, sind sie Kommunalpolitiker. Mitglied des Stadtrates wird man durch eine Wahl, bei der man entweder als Direktkandidat gewählt wird oder über die Reserveliste einer Partei in den Rat einzieht. Genauso wird man auch Kreistagsmitglied auf der Ebene des Landkreises. In kommunalen Gremien sind aber noch mehr Menschen aktiv, wie z.B. sachkundige Bürgerinnen und Bürger, die durch Fraktionen vorgeschlagen und durch den Rat gewählt werden und in Fachausschüssen des Rates mitwirken und auch entscheiden. In NRW gibt es rund 20.000 Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker. Ich selbst wurde 2014 für die SPD in den Hennefer Stadtrat gewählt und bin seitdem stellv. Fraktionsvorsitzender der SPD-Ratsfraktion. Für die SPD-Kreistagsfraktion bin ich als sachkundiger Bürger im Ausschuss für Planung und Verkehr aktiv.
Kommunalpolitik ist Ehrenamt
Manchmal hört man: Die machen sich nur die Taschen voll. Falsch. Kommunalpolitik ist ein Ehrenamt, das alle – bis auf den Bürgermeister als Chef der Stadtverwaltung – in ihrer Freizeit betreiben. Es gibt lediglich eine NRW-weit einheitlich geregelte Aufwandsentschädigung, die für Ratsmitglieder in Hennef 197,70 Euro im Monat beträgt. Zusätzlich gibt es ein Sitzungsgeld für Rats- und Ausschusssitzungen von 20,30 Euro. Für zusätzliche Aufgaben (Fraktionsvorsitzender, stellv. Bürgermeister usw.) gibt es weitere Pauschalen, weil der Aufwand größer ist. Die Aufwandsentschädigung ist bis zu einem Freibetrag von 200 Euro im Monat steuerfrei, alles darüber hinaus wird versteuert.
Dass Kommunalpolitik ein Ehrenamt ist, bedeutet auch, dass die politische Arbeit neben einem ganz normalen Alltag mit Beruf und Familie stattfindet. Sitzungen finden häufig am Abend statt und gehen gerne auch mal bis 22 Uhr. Hinzu kommen viele Termine auch am Wochenende, die entweder direkt politisch sind oder im Zusammenhang mit einem Mandat stehen, weil man natürlich viele Einladung bekommt und auch gerne präsent sein möchte. Leider kann man nicht jede Einladung, die man so bekommt, auch annehmen. So viele Stunden hat der Tag einfach nicht. Insgesamt wenden Ratsmitglieder unterschiedlich viel Zeit für ihr Mandat auf. Es kommen aber schnell viele Stunden in der Woche zusammen, wenn man ambitioniert arbeitet.
Der Stadtrat
Das höchste demokratische Gremium einer Kommune ist der Rat, der alle 5 Jahre gewählt wird. Die Ratsmitglieder einer Partei schließen sich für gewöhnlich zu einer Fraktion zusammen, in der die politische Arbeit koordiniert wird. Viele Themen werden in Fachausschüssen beraten, die sich dann z.B. mit den speziellen Themen wie Planung, Schule oder Wirtschaft befassen. Die Mehrheitsverhältnisse entsprechen dem Wahlergebnis. Der Rat beschließt jedes Jahr einen Haushalt über Einnahmen und Ausgaben, der festlegt, wofür wie viel Geld ausgeben werden soll. Der Bürgermeister und die Verwaltung können nur innerhalb dieses Rahmens arbeiten. Außerdem legt der Rat u.a. die Höhe der Grund- und Gewerbesteuer, der Hundesteuer und anderer „kleinerer“ Steuern sowie die Höhe von Gebühren z.B. für den Winterdienst fest. Außerdem entscheidet der Rat über die Nutzung von Flächen im Stadtgebiet durch Flächennutzungs- und Bebauungspläne. Ein Rat kann keine Gesetze erlassen, aber Dinge in seiner Zuständigkeit über Satzungen für alle verbindlich regeln (Friedhofssatzung, Gebührensatzung, Satzung über Sonntagsöffnung etc.). Der Rat ist für vieles zuständig, aber nicht für alles. Vieles kann er nur im begrenzten Umfang beeinflussen, weil Kommunen etwa Aufgaben übertragen bekommen, die sie erfüllen müssen. Andere Dinge können Räte frei entscheiden. Es gibt z.B. keinen Zwang, eine Musikschule oder eine Stadtbibliothek zu finanzieren, die Auszahlung von Wohngeld oder die Finanzierung von Heimunterbringungen bei Minderjährigen können aber z.B. nicht einfach eingestellt werden. Die Zuständigkeiten sind schon einmal etwas verwirrend und führen nicht selten auch zu Missverständnissen. So ist eine Stadt z.B. für die Bereitstellung und Ausstattung von Schulgebäuden verantwortlich, für die Versorgung mit Lehrkräften aber nicht. Bei der Schulsozialarbeit ist es dann wieder „gemischt“. Einfacher ist es z.B. beim Straßenbau. Da kann der Rat nur über kommunale Straßen entscheiden, nicht über Kreis-, Landes- oder Bundesstraßen. Ob ein „Tempo-30-Schild“ aufgestellt wird oder nicht, entscheidet wiederum nicht der Rat, sondern die zuständige Verwaltung, die die Straßenverkehrsordnung auslegt.
Der Kreistag ist das höchste Gremium eines Landkreises. Dort gibt es ebenfalls bestimmte Zuständigkeiten und häufig ein kooperatives Vorgehen mit den Kommunen, weil Zuständigkeiten auch gar nicht immer klar von einander zu trennen sind. So ist der Kreis zwar für die Nahverkehrsplanung zuständig, kann das aber natürlich nur in Zusammenarbeit mit den Kommunen tun, die letztlich auch für die Angebote über Umlagen zahlen. Dann gibt es da auch noch Verkehrsverbünde mit mehreren Städten und Kreisen oder Verkehrsunternehmen. Das Gewirr von Zuständigkeiten ist tatsächlich nicht immer direkt zu durchschauen. Für andere Dinge sind dann wiederum der Landtag oder der Bundestag zuständig.
Was ist nun die Aufgabe eines Ratsmitglieds?
Als Ratsmitglied muss man letztlich Entscheidungen treffen: Ja, nein, vielleicht auch mal Enthaltung. Wird die Straße saniert oder muss das Geld dieses Jahr für etwas anderes eingesetzt werden? Ist der Antrag zu XY gut oder schlecht, stimme ich ihm zu oder lehne ich ihn ab? Der Bürgermeister und die Verwaltung setzen diese Entscheidungen dann um. Zumeist agieren die Fraktionen in solchen Fragen geschlossen, weil man Grundüberzeugungen teilt. Ein Ratsmitglied ist aber letztlich seinem Gewissen verpflichtet. Um Entscheidungen treffen zu können, muss man informiert sein. Das bedeutet Vorbereitung und Recherche. Oft sind Sitzungsunterlagen sehr umfangreich, gerade z.B. bei Bebauungsplanverfahren oder auch der rund 1000-seitige Haushaltsplan. Das alles muss in der Freizeit durchgearbeitet werden, wenn man fundiert diskutieren und entscheiden möchte. Ob das immer bei allen der Fall ist? Lassen wir es mal dahingestellt…
Natürlich entscheidet man nicht nur Dinge, die einem von anderen Fraktionen oder der Stadtverwaltung vorgelegt werden. Vielmehr versucht man die Entwicklung der Stadt zu gestalten. Dafür entwickelt man Ideen, schreibt Anträge und versucht so, die Entscheidungen auf die richtige Weise zu beeinflussen. Wenn die SPD z.B. feststellt, dass es zu wenige bezahlbare Wohnungen in Hennef gibt, entwickelt die Fraktion mit ihren jeweiligen Fachleuten Ideen und Anträge z.B. für eine eigene Wohnungsbaugesellschaft, um das Problem zu lösen. Die Anträge werden dann in den Ausschüssen und im Rat beraten und entschieden. Als Opposition hat man es da sicherlich schwerer, die eigenen Ideen durchzubringen. Natürlich üben Ratsmitglieder auch eine Aufsichtsfunktion aus und verpflichten sich, nach den geltenden Gesetzen zum Wohle der Gemeinde zu wirken.
Klar ist aber auch: Ein Ratsmitglied ist ein Ratsmitglied unter anderen. Niemand wurde zum „Stadtdiktator“ gewählt, der alles so regeln kann, wie er oder sie es möchte. Und das ist auch gut so.
Betreuung eines Wahlbezirks
Eigentlich hat jedes Ratsmitglied einen Wahlbezirk, in dem es zur Wahl stand und den es betreut. Das sind jeweils Gebiete im Stadtgebiet mit um die 2.000 Wählerinnen und Wählern (in Hennef). Für ein Gebiet können auch mehrere Ratsmitglieder von verschiedenen Fraktionen „zuständig“ sein. Mein Wahlkreis ist der Wahlkreis 11 (Edgoven/Westerhausen). Natürlich ist man als Ratsmitglied für alle Anliegen ansprechbar und für die gesamte Stadt verantwortlich, für Anliegen aus dem eigenen Wahlkreis aber sicher besonders. Dabei geht es um Kleinigkeiten wie defekte Straßenlaternen bis zu größeren Projekten, wie z.B. die Sanierung von Straßen oder öffentlichen Einrichtungen. Sicherlich ist Art und Umfang der Betreuung sehr unterschiedlich. Kommunalpolitik ist eben auch ein Ehrenamt und jede*r entscheidet selbst, wie er oder sie arbeitet. Die Wähler*innen entscheiden dann, ob sie damit zufrieden sind oder nicht. Das ist Demokratie. Mein Ansatz ist es, für meinen Wahlbezirk ansprechbar und engagiert zu sein, d.h. ich versuche z.B. benötigte Haushaltsmittel für Projekte zu erwirken, gebe Mängel an zuständige Stellen weiter und vieles mehr. Das geht mal schneller und mal langsamer, aber man muss eben manchmal hartnäckig sein.
Damit das funktionieren kann, versuche ich vor Ort präsent zu sein, in den Vereinen oder bei Veranstaltungen. Regelmäßig auch mit meiner „Stadtteilzeitung“ in den Briefkästen oder mit dieser Homepage hier. Auch zu Stadtteilbegehungen und „Bürger-Dialogen“ habe ich in den letzten Jahren eingeladen. So informiere ich über aktuelle Themen und kann Anliegen direkt aufnehmen. Das macht natürlich viel Arbeit, aber auch viel Spaß! Immer wieder stellen sich dabei auch sichtbare Erfolge ein.
Wirken in Parteien
Parteien haben oft keinen guten Ruf, aber eine sehr wichtige Aufgabe in unserem demokratischen System. Die meisten Menschen in Parteien sind keine Berufspolitiker*innen, sondern engagieren sich ehrenamtlich in Ortsvereinen oder Kreisverbänden für Dinge, die ihnen wichtig sind. Parteien funktionieren ähnlich wie Vereine. Es gibt Vorstände mit Vorstandssitzungen, es gibt Mitgliederversammlungen und Parteitage. Hier werden vor allem Themen und Inhalte diskutiert und Positionen entwickelt. Parteien erarbeiten Konzepte und Wahlprogramme, mit denen sie dann z.B. zur Kommunalwahl vor Ort antreten. Hier sind die Aufgaben und Anforderungen vielfältig: Organisatorische Arbeit in Vorständen, Reden auf Parteitagen und Veranstaltungen, Schreiben von Positionspapieren und und und… Selbstverständlich auch Wahlkampf. Wer sich gerne und lautstark über Wahlplakate ärgert, sollte sich dran erinnern, wie wertvoll die demokratische Wahl und der freie Wettbewerb um Zustimmung eigentlich ist. Der SPD in Hennef ist es aber z.B. wichtig, nicht nur kurz vor Wahlen vor Ort zu sein, sondern dauerhaft mit thematischen Veranstaltungen, Infoständen und vielem mehr. So können sich alle einbringen, die nicht unbedingt direkt Mitglied in einer Partei werden möchten.
Auch für dieses Engagement geht schnell viel Freizeit drauf, wenn man Funktionen übernimmt. Als Delegierter zu Parteitagen ist man im ganzen Land unterwegs, in Vorständen arbeitet man viele Abende und Wochenenden. Aber auch hier gilt: Das macht viel Freude und man hat die Möglichkeit, konkret Politik zu gestalten. Das sollten viel mehr Menschen nutzen! Auch mit weniger Zeit und Kapazitäten kann man sich schon einbringen.